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Ergebnisse

Entwicklung massiv-paralleler MD-Software

Der zu Beginn des Projekts vorliegende Code ls1 Moldy wurde in Kooperation mit Teilprojekt D.1 weiter optimiert und um die zur Durchführung des Arbeitsprogramms erforderlichen Funktionalitäten erweitert. Die angestrebten Änderungen stellten sich dabei als so umfassend heraus, dass in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe SCCS an der TU München (Prof. H.-J. Bungartz) eine Neukonzeption des gesamten Codes vorgenommen wurde. Der methodische Rahmen, insbesondere die Beschränkung auf die Molekulardynamik (MD) als Simulationsansatz und die Optimierung für den Anwendungsfall der massiv-parallelen Simulation von Systemen mit großen Teilchenzahlen, wurde unverändert beibehalten. Die hierbei entstandene Software ls1 Mardyn umfasst neben dem Lennard-Jones-Potential (LJ) und Punktpolaritäten, einer hinreichenden Grundlage für die hochgenaue Berechnung von Stoffdaten zahlreicher technisch relevanter Fluide und ihrer Mischungen, auch das Tersoff-Potential, was die Simulation aus Kohlenstoff und Silizium bestehender Festkörper-Nanostrukturen sowie ihres Einflusses auf die Eigenschaften von Fluiden ermöglicht. Auf dieser Grundlage können sowohl Gleichgewichts- als auch Nichtgleichgewichtszustände untersucht werden, wozu u.a. eine geregelte äußere Kraft zur Induktion einer Couette- oder Poiseuille-Strömung mit einer vorgegebenen Durchschnittsgeschwindigkeit implementiert ist.

Abb. 1: Molekulardynamische Simulation zum Zusammenhang zwischen der dispersiven Fluid-Wand-Wechselwirkung und dem daraus resultierenden Randwinkel bei der Benetzung von Fluiden im Dampf-Flüssigkeits-Gleichgewicht.
Abb. 2: Molekulardynamische Simulation der Poiseuille-Strömung von Methan in nanoskopischen Kohlenstoffkanälen.
Abb. 3: Molekulardynamische Simulation des Nukleationsvorgangs bei Phasenübergang Dampf zu Flüssigkeit mit dem McDonaldschen Dämon.
Mehrphasige Fluide in Nanokanälen

Die wesentliche thematische Herausforderung für das Projekt bestand in der Quantifizierung des Einflusses der Wechselwirkung zwischen einem Wandatom und einem Fluidmolekül auf strukturelle sowie dynamische Eigenschaften des Fluids in der unmittelbaren Nähe der Wand. In diesem Zusammenhang ist der Kontaktwinkel von besonderem Interesse, da er experimentell relativ leicht zugänglich ist und gerade den Einfluss der Wand auf ein mehrphasiges System charakterisiert. Im Rahmen der Projektlaufzeit wurde der Einfluss der dispersiven Wechselwirkung zwischen Fluid und Wand auf den Kontaktwinkel für das stetig abgeschnittene LJ-Potential erfasst. Wird dieses Potential für die dispersive Wechselwirkung sowohl zwischen Fluidmolekülen als auch zwischen einem Wandatom und einem Fluidmolekül angesetzt, so gibt es einen Wert der reduzierten dispersiven Wechselwirkungsenergie bei dem sich unabhängig von der Temperatur ein Kontaktwinkel von 90◦ einstellt. Die Abhängigkeit des Kontaktwinkels von der dispersiven Wechselwirkungsenergie verhält sich zu diesem Energiewert über den gesamten Parameterbereich symmetrisch. Diese Ergebnisse können unter anderem dazu genutzt werden, für konkrete Stoffpaarungen geeignete Potentialparameter aufgrund von Kontaktwinkelmessungen abzuschätzen. Diese Untersuchung wurde in enger Zusammenarbeit mit Teilprojekt A.2 durchgeführt, da sie dazu geeignet ist, die gegenseitige Zuordnung von Modellparametern aus der MD und der Gitter-Boltzmann-Methode zu ermöglichen.

MD-Simulation nanoskaliger Strömungen

Durch eine äußere Krafteinwirkung induzierte Couette- und Poiseuille-Strömungen wurden in ausgewählten Fällen für zylindrische sowie komplexere Kanalgeometrien und systematisch für ebene Kanalgeometrien untersucht. Bei den dabei simulierten Wandmaterialien handelt es sich um Kohlenstoff-Nanoröhren bzw. Graphit, als Fluid wurde Methan durch das LJTS-Modell repräsentiert. Im Vordergrund stand bei dieser Untersuchung die Abhängigkeit des Druckverlusts und des Wandschlupfs vom Kanaldurchmesser. Aus dem Geschwindigkeitsprofil des Fluids lassen sich aggregierte Größen wie die Schlupflänge ermitteln, die beispielsweise als Randbedingung in Kontinuumslöser importiert werden können. Der Druckverlust im Kanal ergibt sich unmittelbar aus der Kraft, die benötigt wird, um die Strömung aufrecht zu erhalten. Der kritische Größenbereich für das betrachtete System beginnt etwa bei 50 nm. Für Kanäle mit einem geringeren Durchmesser dominiert Wandschlupf das Strömungsverhalten, bei größeren Durchmessern zeigt sich ein deutlich geringerer Einfluss. Der Bereich, in dem Wandschlupf für diese Materialpaarung von entscheidender Bedeutung ist, kann somit bereits vollständig durch MD-Simulationen erfasst werden, der weitere Verlauf hin zur Konvergenz gegen die Haftbedingung dagegen nur teilweise. Der qualitative Übergang im kritischen Größenbereich spiegelt sich hierbei nicht im Druckverlust wieder, der allgemein in guter Näherung umgekehrt proportional zur Querschnittsfläche des Kanals verläuft.

Gleichgewichtseigenschaften gekrümmter Phasengrenzflächen

Für nichtplanare nanoskalige Phasengrenzflächen nimmt die Krümmung zwangsläufig ein Ausmaß an, das alle Eigenschaften sowohl der Phasengrenze als auch der beiden koexistierenden Phasen wesentlich beeinflussen kann. Die Dicke der Grenzfläche ist dann gegenüber den Krümmungsradien nicht mehr vernachlässigbar klein, sodass eine Darstellung als Fläche im engeren Sinn nicht zweckmäßig ist. Vielmehr ist dann auch die dritte Raumrichtung orthogonal zur Phasengrenze zu berücksichtigen, da viele thermophysikalische Größen sich nur durch eine Analyse von Profilen entlang eines Grenzflächenquerschnitts verstehen lassen. In besonderem Maße gilt das für die Oberflächenspannung. Theoretische Überlegungen und Simulationsergebnisse ergeben übereinstimmend eine Tendenz gegen null bei zunehmender Krümmung der Grenzfläche. Der Dampfdruck nanoskaliger Tropfen wird von mehreren gegenläufigen Effekten beeinflusst, die sich weitgehend ausgleichen, sodass sich insgesamt eine sehr gute Übereinstimmung mit der klassischen Nukleationstheorie ergibt, obwohl die Theorie keinen dieser Effekte berücksichtigt. Der geringeren Oberflächenspannung steht dabei eine – im Vergleich zur einer aus inkompressibler Flüssigkeit bestehenden Kugel – vergrößerte Spannungsoberfläche gegenüber.

Homogene Nukleation in übersättigten Dämpfen

Auch die Kondensation übersättigter Dämpfe als Hauptanwendungsfall der Nukleationstheorie wurde einer genaueren Analyse unterzogen. Gemeinsam mit den Teilprojekten D.1 und D.3 wurden dazu Clusterkriterien, die entstehende Tropfen auf molekularer Ebene definieren, hinsichtlich ihrer Eignung für die MD-Simulation von Nukleationsprozessen verglichen. In Zusammenarbeit mit Teilprojekt D.3 wurden geeignete Visualisierungsansätze entwickelt und vom Institut VIS in den Code MolCloud integriert, um das intuitive Verständnis der in einem übersättigten Dampf entstehenden nanoskaligen Tropfen sowie die visuelle Gegenüberstellung verschiedener Clusterkriterien zu erleichtern. Bei der Nukleation handelt es sich um ein Nichtgleichgewichtsphänomen, das zum Zusammenbruch eines metastabilen Zustands führt. Dazu wurde als methodische Neuerung die MD-Simulation im großkanonischen Ensemble mit einer von McDonald theoretisch diskutierten Variante des maxwellschen Dämons kombiniert: Interventionen dieses Dämons entfernen die größten Tropfen aus dem System und erhalten damit den übersättigten Zustand aufrecht. Zugleich erlaubt diese Vorgehensweise unmittelbar die Bestimmung der Nukleationsrate, d.h. der Anzahl der pro Volumen- und Zeiteinheit gebildeten Tropfen, und damit der charakteristischen Kenngröße für die Beständigkeit der metastabilen Phase. Im Verhältnis zu den meisten experimentellen Studien, bei denen nur vergleichsweise geringe Übersättigungen erreicht werden können, ergab sich aus MD-Simulationen im stark übersättigten Bereich sowohl für das LJTS-Fluid als auch für quadrupolare Fluide wie Ethan und Kohlenstoffdioxid eine gute Übereinstimmung mit der klassischen Nukleationstheorie.