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Brillante Zukunftstechnologien

Diamanten stehen für Magie, Mythos und Faszination. Reine Diamanten, die ausschließlich aus Kohlenstoff bestehen, gelten dabei als besondere Kostbarkeit. Was die Herzen vieler Schmuck-Liebhaber höher schlagen lässt, begeistert auch die Wissenschaftler vom 3. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart. Allerdings greifen sie gezielt in die Struktur der Edelsteine ein und erzeugen spezielle Defekte, um Kernspintomographie im Nanobereich zu ermöglichen, die Entwicklung von Quantencomputern voranzutreiben oder langlebige Biomarker zu produzieren.

Leuchtende Diamanten für neue Technologien nutzbar machen - das ist das Ziel der Stuttgarter Wissenschaftler.

Allem voran ging die Entdeckung von Prof. Jörg Wrachtrup, dass ein spezieller Defekt in Diamantkristallen rot leuchtet, wenn er mit grünem Laserlicht bestrahlt wird. Seitdem beschäftigt sich der Wissenschaftler mit der Manipulation von Diamanten. Seine Vision: das Leuchten der Diamanten bis ins Detail verstehen und gezielt in ihre atomare Struktur eingreifen, um spezielle Eigenschaften für verschiedene Anwendungen nutzbar zu machen.

Nanodiamanten gezielt verunreinigen

Im Labor schießen Forscher seines Institutes mit einer speziellen Implantationstechnik Stickstoff in winzige Diamanten. Weniger als fünf Nanometer klein sind die Kantenlängen dieser Kristalle. Durch den Beschuss dringen Stickstoffatome in das naturgemäß äußerst stabile Diamantgitter ein und kommen darin zum Stehen. Zudem brechen Kohlenstoffverbindungen auf und Leerstellen werden erzeugt. Wird der Diamant anschließend auf eine Temperatur von 900 °C erhitzt, ordnen sich die Atome neu an. Die erzeugten Leerstellen wandern durch den Kristall und platzieren sich direkt neben einem Stickstoffatom. Damit haben die Physiker zunächst ihr Ziel erreicht: ein sogenanntes NV-Zentrum ist produziert. Durch die Bestrahlung mit grünem Laserlicht kann das Ergebnis sichtbar gemacht werden, um es zu überprüfen und dessen Position auszumessen.

Computersimulationen klären wichtige Details, um den Prozess zu optimieren.

Neben den experimentellen Versuchen im Labor kommen Computersimulationen zum Einsatz. Damit wollen die Forscher dem Prozess den letzten Schliff verpassen. Einzelne Parameter lassen sich am Rechner optimal anpassen und das Ergebnis virtuell überprüfen. Auf diese Weise können wichtige Vorhersagen getroffen werden, etwa über die erforderliche Beschuss-Geschwindigkeit für eine möglichst genaue Implantation im Atomgitter oder die Auswirkung unterschiedlicher Oberflächeneffekte, beispielsweise durch anheftende Wasser- oder Sauerstoffteilchen. Die Erkenntnisse aus den physikalischen Berechnungen fließen tagtäglich in die Experimente ein und ermöglichen es, relevante Details zu verändern und das Verfahren zu verbessern.

Quantencomputer, Nanokernspintomograph und Biomarker

Die leuchtenden Diamanten, wie sie an der Universität Stuttgart erforscht werden, haben ein enormes Potential für künftige Anwendungen. So könnten sie möglicherweise einen weiteren Schritt zum Quantencomputer sein, der eines Tages enorme Rechenleistungen bewältigen soll. Im Gegensatz zur heutigen Computertechnik, die auf den Grundeinheiten 0 und 1 aufbaut, sollen dann Quantenbits beide Zustände gleichzeitig annehmen und so wesentlich mehr Informationen verarbeiten. Die manipulierten Diamanten könnten hier zum Einsatz kommen. Dazu müssen es die Wissenschaftler schaffen, ein sogenanntes Quantenregister zu produzieren, also beliebig viele Defekte gleichmäßig und in einem maximalen Abstand von zehn Nanometern zueinander anzuordnen.

Auch als winzige Sensoren für Magnetfelder könnten die Diamanten dienen und Kernspintomographie für Nano-Objekte ermöglichen. Durch Abtasten der Oberflache lassen sich dreidimensionale Bilder von Molekülen, Proteinen sowie kleinsten Materialproben erstellen, etwa um die Dynamik in lebenden Zellen zu verfolgen oder bis dato unsichtbare Details und chemische Verbindungen zu offenbaren. Erste Versuche haben die Physiker bereits durchgeführt. Vielleicht könnte diese Technologie schon in naher Zukunft ein wichtiges Instrument für Biologen, Mediziner und Materialwissenschaftler sein.

Eine weitere Idee ist es, medizinische Wirkstoffe oder Zellen mit kleinsten Diamantpartikeln zu markieren. Diese würden sichtbar machen, ob Antikörper ihr Ziel erreichen oder von Krebs oder anderen Krankheiten befallene Zellen über einen bestimmten Zeitraum existieren. Im Gegensatz zu aktuellen Biomarkern können Nanodiamanten lange in Zellen bleiben ohne Schaden anzurichten oder ihre Funktion zu verlieren.




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