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Prof. Thomas Ertl

Macht Unsichtbares sichtbar

 

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Auf welchem Gebiet forschen Sie?

Mein Forschungsgebiet ist die Visualisierung. Die Visualisierung beschäftigt sich damit, Daten, wie sie in Computersimulationen oder in Sensormessungen oder auch in Informationskollektionen im Internet aufbereitet werden, so dass der Nutzer die besser verstehen kann. Unser Hauptmittel dazu ist die Umsetzung in computergrafische visuelle Methoden.

Wozu braucht es die Visualisierung?

Visualisierungsforschung ist notwendig, weil wir damit auf die aktuellen Trends in dem Umfeld Big Data reagieren. Big Data bedeutet, dass immer mehr Datenmengen anfallen, sei es im Bereich Simulationen oder Sensormessungen oder auch in Datenkollektionen im Internet. Diese Daten sind heute teilweise so komplex und manchmal auch so umfangreich, dass sie sich nicht mehr abspeichern lassen. Das Ziel der Visualisierung ist daher, diese Datenmengen in einer abstrakten Form zu repräsentieren und dem Benutzer durch Interaktion mit dieser visuellen computergrafischen Darstellung zu ermöglichen, die Merkmale in diesen Datensätzen zu verstehen, zu explorieren und auch die Ergebnisse dann entsprechend zu präsentieren.

Wo sind Visualisierungen zu finden?

Die Visualisierung hat heute schon viele Alltagsbereiche durchdrungen, denken sie zum Beispiel an die Wetterkarte oder an Navigationssysteme. Aber auch in vielen wissenschaftlichen Disziplinen ist die Visualisierung nicht mehr wegzudenken. Ein Erfolgsbeispiel ist die medizinische Visualisierung, wo aus Daten der medizinischen Bildgebung, zum Beispiel Computertomographie oder Magnetresonanz Volumendarstellungen erzeugt werden, die die Ärzte bei Diagnostik und Therapie unterstützen.

Ein weiteres Beispiel im Ingenieurbereich ist die Optimierung von Flugzeugen oder Automobilen, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Auch hier spielt die Visualisierung von Strömungen um solche Objekte eine große Rolle.

Und schließlich ein modernes Thema – Visual Analytics – bezeichnet die Kombination von Methoden aus der Datenanalyse, der Visualisierung und interaktiven Ansätzen. Gerade in Stuttgart sind wir im Bereich der Digital Humanities, also des Einsatzes von Informatikmethoden in den Geisteswissenschaften, in einer führenden Rolle. Wir bearbeiten zum Beispiel Projekte, wo die Computerlinguistik und die Visualisierung dazu beitragen, die Literaturwissenschaftler bei der Analyse und beim Vergleich ihrer Texte zu unterstützen.

Was sind die besonderen Schwierigkeiten daran?

Die Schwierigkeiten in der Visualisierungsforschung sind zum einen sehr ähnlich den informatiknahen Themen. Wir haben auf der einen Seite effiziente Algorithmen zu entwickeln, hierarchische Datenstrukturen zu erfinden und das Ganze auf parallelen Systemen, wie zum Beispiel Grafikkarten oder Computerclustern, zum Laufen zu bringen. Auf der anderen Seite müssen wir speziell grafische Metaphern finden, mit denen wir abstrakte Daten am Bildschirm darstellen können. Und schließlich ist eine weitere Schwierigkeit die Schnittstelle zwischen den verschiedenen Anwendungsdisziplinen. Ohne ein gewisses Verständnis für die Probleme dieser Disziplinen und ihre Fachsprache ist es eigentlich nicht möglich, gute Visualisierungsmethoden für die Anwender aus diesen Disziplinen zu entwickeln.

Wo steht die Visualisierungsforschung heute und wie wird sie sich in den kommenden Jahren entwickeln?

Die Visualisierung hat sich in den letzten 25 Jahren zu einer eigenständigen Disziplin in der Informatik entwickelt. In gewisser Weise an der Schnittstelle von Computergrafik, Höchstleistungsrechnen und Mensch-Computer-Interaktion und in dieser Zeit wurden für sehr viele Standarddatensätze sehr gute und auch interaktive Methoden entwickelt.

Neue Anforderungen resultieren auf der einen Seite aus der Größe der Datenmenge, auf der anderen Seite auch aus den speziellen Anforderungen der Anwendungsdisziplinen. Hier wird in Zukunft nicht nur die Effizienz, also die Geschwindigkeit, mit der wir neue Computergrafikdarstellungen generieren können, eine bedeutende Frage sein, sondern die Effektivität mehr in den Vordergrund rücken, also die Frage ‚Können wir nachweisen, dass mit Visualisierungsmethoden eine Aufgabe durch die Benutzer besser erledigt werden kann?‘. Dazu nehmen wir Anleihen an der Wahrnehmungs- und Kognitionsforschung und müssen auch unsere Methoden vermehrt in Benutzerstudien evaluieren.

Was fasziniert Sie an ihrer Arbeit?

An der Visualisierungsforschung fasziniert mich seit vielen Jahren, dass wir auf der einen Seite die Bandbreite der Informatikforschung zu behandeln haben, das heißt Themen, die sehr hardware-orieniert sind wie Einsatz von modernen Grafikkarten aber auch Themen, die sehr mathematisch orientiert sind wie numerische Algorithmen. Aber wir dürfen dabei den Benutzer nicht aus den Augen verlieren, denn letztendlich wird eine Person die Visualisierung anschauen und mir ihr interagieren und von daher müssen wir auch moderne Aspekte der Kognitions- und Perzeptionsforschung mit einfließen lassen. Auf der anderen Seite ist es sehr befriedigend, wenn man mit sehr unterschiedlichen Anwendungsdisziplinen in Kontakt treten kann. So ist ein nicht untypischer Tagesablauf, dass ich am Vormittag mit Medizinern, am Nachmittag mit Ingenieuren und am Abend mit Geisteswissenschaftlern bespreche, wie mit Visualisierungsmethoden ihre Forschung in Zukunft noch besser unterstützt werden kann.


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